Georg Stefan Troller (* 1921) ist Schriftsteller, Fernsehjournalist, Drehbuchautor, Regisseur und Dokumentarfilmer.
Leben
Troller ist der zweite Sohn von Karl Troller, einem jüdischen Pelzhändler aus Brünn, der in Wien ein Geschäft betrieb. Georg Stefan erlernte zunächst den Beruf des Buchbinders. Beim Anschluss Österreichs 1938, floh er mit 16 Jahren vor den Nazis in die Tschechoslowakei, von dort nach Frankreich, wo er bei Kriegsausbruch interniert wurde. 1941 erhielt er in Marseille ein Visum für die USA. Die Eltern konnten über Portugal fliehen.
In den USA wurde er 1943 zum Kriegsdienst eingezogen und war am 1945 an der Befreiung des KZ Dachau sowie an der Besetzung Münchens beteiligt. Aufgrund seiner Deutschkenntnisse wurde er von der US Army bei der Vernehmung von Kriegsgefangenen eingesetzt. Er wurde Reporter des Army-Senders Radio München.
Nach Kriegsende initiierte er beim Wiener Sender Rot-Weiß-Rot er die Sendereihe "XY weiß alles". Danach kehrte er in die USA zurück und studierte von 1946 bis 1949 zunächst Anglistik an der University of California und anschließend Theaterwissenschaft an der Columbia University in New York.
Im Jahr 1949 erhielt er das renommierte Fulbright-Stipendium für die Sorbonne (Paris). Allerdings begann er das Studium nicht, da er ein Angebot als Radio-Reporter für den RIAS (Rundfunk im amerikanischen Sektor) in Berlin, bevorzugte. Ende der 1950er Jahre schlossen sich daran die ersten Erfahrungen als Fernsehreporter für den Südwestfunk an.
Interviews
Troller ist vor allem durch seine Interviews bekannt geworden. Nach eigenen Angaben hat er zwischen 1200 und 1500 Interviews geführt. Anfänglich war seine betont subjektive Befragungsweise verpönt oder nur geduldet unter den Redakteuren, denn Dokumentationen hatten stets das Gebot der Neutralität zu erfüllen. Dennoch wurde seine einfühlsame wie kritische Methode der Personenbefragung zum Vorbild für viele Journalisten.
Seine Interviews von prominenten und anderen Personen wurde zum Vorbild für viele Journalisten, Dokumentarfilmer und Talkshow-Moderatoren. „Österreicher jüdischer Herkunft, den Nazis nur knapp entkommen, heute als Amerikaner in Paris lebend, fühlt sich Troller dem deutschen Sprachraum zugehörig.“
Troller war immer daran interessiert, die verborgenen und persönlichen Geheimnisse der Interviewten aufzudecken. Die von Journalisten bediente Sensationslust bezeichnete er einmal selbstironisch als „Menschenfresserei, die vom warmen Blut ihrer Opfer lebt“. Zu seinen Vorbildern zählt er Karl Kraus.
1962 begann er für den WDR mit seinem "Pariser Journal". 1971 wurde er Sonderkorrespondent des ZDF in Paris. Dort begann er mit der siebzig Folgen umfassenden TV-Sendereihe "Personenbeschreibung" (1972–1993; je 30 bis 45 Minuten). Troller war bei allen Episoden der Drehbuchautor und Regisseur. Hier beispielhaft einige Sendungstitel:
- Dory Previn (Ex-Frau von Frank Sinatra) – Ein Leben in Hollywood - 1972
- Muhammad Ali – Der lange Weg zurück - 1974
- Peter Handke in Paris - 1975
- Roberto Rosselini – Ein Mensch wie jeder andere - 1975
- Liv Ullmann – Liv heißt Leben - 1976
- Leonard Cohen – Halleluja in Moll - 1985
- Studs Terkel – Ein Fußgänger in Chicago - 1986
- Howard Buten – Drei Gesichter eines Clowns - 1988
- Niklas Frank – Der Sohn des Mörders - 1993
Privates
Seit 1949 lebt Troller in Paris. Aus erster, geschiedener Ehe mit der britischen Journalistin Davina Hughes stammt seine älteste Tochter Fenn. Ab 1976 war er in zweiter Ehe mit der gebürtigen Hamburgerin Kirsten Lerche verheiratet und hatte mit ihr ebenfalls eine Tochter. Seine Frau starb 2018 und liegt auf dem Friedhof Montmartre, unweit des Grabs von Heinrich Heine.
Filmografie
Regie- 1962–1971: Pariser Journal (50 Folgen)
- 1967: Seemann im Sattel (2-teilige Biografie Jack Londons)
- 1968: Wolf ohne Halsband. Bilder aus dem Leben von Paul Gauguin
- 1968: Tierra y Libertad! Die Mexikanische Revolution
- 1971–1993: Personenbeschreibung (70 Folgen à 1 Porträt)
- 1971: Am Rande der bewohnbaren Welt – Das Leben des Dichters Arthur Rimbaud
- 1972: La Violencia. Gewalt in Guatemala
- 1973: Knef '73. Was sie sagt, was sie singt und wie man über sie spricht
- 1978: Schauplätze der Weltliteratur. Madame Bovary in der Normandie
- 1980: Vive la vie. Arthur Rubinstein im Gespräch
- 1981: Karl Kraus – verhaßt, verliebt. (Auch Drehbuch)
- 1984: Die rote Jungfrau. Aus dem Leben der kommunistischen Mystikerin Simone Weil
- 1984: Robert Badinter – Das Ende der Guillotine. (Auch Drehbuch)
- 1985: Stan Rivkin – Der letzte Kopfgeldjäger. (Auch Drehbuch)
- 1991: Père Aristide – Letzte Chance für Haiti. (Auch Drehbuch)
- 1992: Guatemala – Land im Todesfieber
- 1993: Mord aus Liebe. (Auch Drehbuch)
- 1993–1999: Zeugen des Jahrhunderts (je eine Sendung mit Gisèle Freund, Georg K. Glaser, Nachum Tim Gidal, George Weidenfeld, Paul Parin)
- 1995: Liebe in Hollywood. (Auch Drehbuch)
- 1995: Unter Deutschen. Eindrücke aus einem fremden Land. (Auch Drehbuch)
- 1998: Wolfgang Clement. Ein deutscher Politiker. (Auch Drehbuch)
- 1998–2003: Hollywood-Profile. (Je ein Film über Lauren Hutton, John Malkovich, Isabella Rossellini, Kirk Douglas, Woody Allen, Andy García) (Auch Drehbuch)
- 1999: Bennent mal vier – Porträt einer berühmten Familie. (Auch Drehbuch)
- 2001: Selbstbeschreibung. An Originalschauplätzen in Wien, Prag und Paris („Autobiofilmie“ nach eigener Buchvorlage, vgl. 1988, 2009)
- 2001: Amok! (Auch Drehbuch)
- 2003: Loki Schmidt – Leben als Abenteuer
- 2004: Tage und Nächte in Paris. (Auch Drehbuch)
- 1973: Ein junger Mann aus dem Innviertel. Regie: Axel Corti
- 1976: Der junge Freud. Regie: Axel Corti
- 1981: Wohin und zurück – An uns glaubt Gott nicht mehr. Trilogie, Regie: Axel Corti, Drehbuch zusammen mit Axel Corti
- 1986: Wohin und zurück – Santa Fe. Regie: Axel Corti, Drehbuch zusammen mit Axel Corti. Buchausgabe: Santa Fe – Ein Drehbuch. Fernsehspiel-Bibliothek, Residenz-Verlag, Salzburg 1985
- 1986: Wohin und zurück – Welcome in Vienna. Regie: Axel Corti, Drehbuch zusammen mit Axel Corti
- 2002: Gebürtig. Mit Robert Schindel
- 2009: Wohin und zurück – Die Axel-Corti-Trilogie. Buchausgabe der drei Drehbücher An uns glaubt Gott nicht mehr, Santa Fe und Welcome in Vienna. Mit einem Nachwort von Ruth Beckermann. Verlag der Theodor Kramer Gesellschaft.
Auszeichnungen
Literatur
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